Soziologie/Raum für alle
Wo bleibt ein Mehrzweckraum für alle am IfS?
Überblick und Aktuelles
Am Soziologie-Institut findet gerade eine Auseinandersetzung um mehr Raum für alle statt. Sichtbar wurde diese durch eine Raum-Umgestaltungs-Aktion einer anonymen Gruppe in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar 2010. Der so geschaffene "Raum für alle" wurde allerdings seitens der Institutsleitung am darauffolgenden Nachmittag wieder zu einem abgesperrten Bürobedarfslager rückorganisiert. Für Details siehe den E-Mail-Verkehr im Anhang.
Die bagru Soziologie hat in dieser Angelegenheit bislang nicht geschlossen öffentlich Stellung bezogen (Auf den letzten zwei bagru-Plena überwogen positive Kommentare, jedoch waren auch einzelne kritische Stimmen zu hören)
Unabhängig davon rufen einzelne SympathisantInnen der Aktion mittlerweile zu einem Treffen am Montag, 25. 01. um 19.30 im Bagru-Salon auf:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wir teilen die Ansicht der aktivistischen KollegInnen, dass ein oder mehrere offene Mehrzweckräume an unserem Soziologieinstitut notwendig sind. Nachdem die Institutsleitung dem aktionistisch hergestellten "Raum für alle" sehr schnell den Garaus machte und ihn wieder in ein Lager für Büromaterial zurückverwandelte, soll die von den KollegInnen ausgelöste Auseinandersetzung nun mit anderen Mitteln weitergeführt werden. Aus diesem Grund laden wir zu einem Treffen am Montag dem 25.01.2010, um 19 Uhr 30 im Bagrusalon ein. Ziel des Treffens ist es, eine Arbeitsgruppe zu gründen und uns auf ein mögliches Gespräch mit Institutsvorstand Neckel vorzubereiten. Wir freuen uns, wenn wir viele werden! bis Montag!
Der Raum, um den es geht
(bitte zu beschreiben für Unwissende)
Datei:Ifs vorher nachher 50p.jpg
... this picture: kindly provided by the heinzels
Anhang
öffentlicher E-Mail-Verkehr chronologisch
entnommen aus dem Sozionexus und dem STRV-Soziologie email-account.
Ursprüngliche Aussendung
Betreff: [sozionexus] Neuer Raum für alle am IfS Datum: 11.01.2010 05:33:27 AN DIE ZUSTÄNDIGEN PERSONEN: Bitte um administrative Weiterleitung an alle Angehörigen des Instituts für Soziologie!) Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitmenschen rund um das Institut für Soziologie, kurz: liebe alle, wie wäre es, wenn es in unserem Gebäude am Rooseveltplatz einen Raum gäbe, den jeder und jede bei spontan bei Bedarf nutzen könnte? PROBIEREN WIR'S DOCH AUS. und zwar im NEUEN RAUM FÜR ALLE, den es ab heute, Montag, 11. 1. 2010, gibt. Was für ein Raum soll das sein – das Institut platzt doch aus allen Nähten? Haben die Studis ratz-fatz die Seminarräume besetzt und laden jetzt alle Welt ein, zu kommen? Oder sind sie doch bodenständiger, haben sie ein beheiztes Bierzelt im Hof aufgestellt? Haben die KopfarbeiterInnen gar handarbeiten wollen und einen Wintergarten ans Institut angebaut (ähnlich wie jüngst ein Wohnungsloser es vormachte, bevor er erfolgreich vertrieben wurde)? Zugegeben, nichts von alledem! Wir bestreiten keineswegs den Reiz dieser Ideen. Aber vergesst nicht: Österreichische HochschülerInnen sind in der Regel viel zu faul für solche Vorhaben (alle Welt weiß das aus der Kronenzeitung). Als Gefangene unserer Wohlstands-Verwahrlosung träumten wir lieber von Raum-Reichtümern innerhalb der bestehenden Substanz. Und leider: Diese Fantasie stieg uns letztlich arg zu Kopfe... Wir – ein paar Hansln* und Gretln* der Soziologie – hielten es nämlich in der Folge für angebracht, der Frage wissenschaftlich nachzugehen, ob es am Institut verborgene und brach liegende Räume gibt. Wir wollten hierfür natürlich intellektuell aus den Vollen schöpfen. Stolz enstaubten wir daher unser erstarrtes Bachelor-Halbwissen und eruierten die korrekte Methode für unsere Zwecke. Dann schritten wir zur Tat: Mit größter Sorgfalt gingen wir das Institut mit einer validierten Wünschelrute ab. Und siehe da: Bereits im Parterre bekam das Gerät so nervöse Zuckungen, dass uns ganz angst und bange wurde. Aber nicht nur uns; auch die dortige lilafarbene Türe ging vor Schreck reflexartig auf und gab kreischend den Blick auf die dahinterliegenden Quadratmeter frei – ausgerechnet Dreizehn an der Zahl! Ja, es waren ergreifende Szenen, die sich nun beim ehemaligen Journalraum der Bagru Soziologie abspielten: Das Zimmer, das sich uns offenbarte, war sichtlich gerührt über die unverhoffte Aufmerksamkeit. Zugleich aber schämte es sich seiner, denn es war einsam, kalt und vernachlässigt. Bloß an den Seitenwänden fristeten einige verstaubte Bürokästen ihr trauriges Dasein, verlassen und verstoßen vom Soziologie-Servicecenter, dem sie früher direkt beigestanden hatten. Der Raum konnte nicht anders – er klagte uns laut sein ganzes Leid, und erzählte von besseren Zeiten, als es in seinen vier Wänden noch quicklebendig zuging, als er noch nicht zu einem lächerlichen Lager der kleinsten, verkommendsten Sorte degradiert worden war. „Bitte gebt mir eine zweite Chance“, flehte er, „dann empfange ich auch alle – alle, die kommen wollen!“ Da war uns klar, es ist an der Zeit, den Raum zu befreien. Bloß, wohin mit den Büroschränken? Nun, wir übernahmen hier den bereits in mehreren Stockwerken eingeübten Brauch, solche Kästen in den Korridoren aufzustellen. Denn lebendige Leute haben Vorrang vor Tixo, Tonern und andren toten Dingen; im Zweifelsfalle muss letzteres vor die Tür. Die Kästen befinden sich darum nun, dem Servicecenter bestmöglich angenähert, gut versperrt in den Vorräumen des dritten Institutsstockwerkes. Ja, sie sind in die Gänge gekommen. Der dadurch im Erdgeschoß frei gewordene Raum steht nun allen offen. Dies ist unser erster konkreter Vorschlag für eine sinnvollere Nutzung der Institutsfläche. Er steht im Einklang mit den Forderungen nach mehr Raum für Studierende und Externe, wie sie unser Institut auf der letzten Vollversammlung am 17.11.2009 mit breiter Mehrheit beschlossen hat. Dennoch wurde mit der Öffnung eines relativ kleinen Zimmers im Erdgeschoß hier gerade einmal ein erster Schritt gemacht. Das mittelfristige Ziel muss darin bestehen, insgesamt mehr Fläche für alle zur Verfügung gestellt zu bekommen. Spätestens ab heute sollte aber auch klar sein: Wir können mit dem verfügbaren Raum auf ganz verschiedene Arten umgehen. Entweder wir tun das, was wir die letzten Monate, Jahre, Jahrzehnte immer schon getan haben: Wir seperieren, ja sortieren uns am Institut auseinander, so weit es nur geht, in die verschiedensten Ecken und Winkel, nach einem starren zeitlichen, räumlichen und sozialen Raster, das wir mit jedem Mal fester einüben. Und wenn sich, wie so oft, wieder einmal eine Kluft auftut zwischen dem Raumregime und unseren konkreten Bedürfnissen, versuchen wir eben im Maximilian, in einer Wohnung oder sonstwo unser Glück; dann versuchen wir eben weiter, die kollektive Zerstückelung unserer Abläufe individuell zu bewältigen. Oder aber, wir hinterfragen diese vermeintlichen Alternativen, verlassen die vorgegebenen Bahnen, und versuchen, den verfügbaren Platz am Institut gemeinsam und bedarfsorientiert zu verwenden. Angefangen beim neuen Raum für Alle. (oder wie auch immer mensch diesen Ort gerne nennen mag: Gemeinschaftsraum, Freiraum, Allzweckraum, mitunter auch Festsaal.) Herzlichst, ein paar Greteln* und Hanseln* (und Hexen*) PS: Eine Dokumentation darüber, wohin im Zuge unserer Aktion welche Dinge verlagert wurden, ist im Postkasten des Soziologie-Service-Centers deponiert. PPS: HEUTE, vor Ort, solange der Vorrat reicht: Naschereien für alle in neun Sorten!
Erste Reaktion der Institutsleitung
Betreff: Re: Neuer Raum für alle am IfS Datum: 11.01.2010 09:37 An die "zuständigen Personen" Ihr Verhalten ist vollkommen inakzeptabel und wird seitens der Institutsleitung nicht hingenommen. Die Studenschaft des Instituts hat kürzlich die ehemaligen Räume des Service-Centers im Erdgeschoß bezogen, wofür ich mich persönlich eingesetzt habe. Das ehemalige "Bagru-Kammerl" hingegen wird als Archivraum für Büromaterialien etc. benötigt. Die Kästen im 3. Stock beeinträchtigen die Arbeit des administrativen Personals und geben keine Gewähr für eine sichere Aufbewahrung von Büromaterialien. Ich fordere Sie hiermit auf, umgehend, d.h. noch an diesem Vormittag, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Ansonsten wird die Institutsleitung alles hierfür Notwendige unternehmen. Univ.-Prof. Dr. Sighard Neckel Institutsvorstand -- Univ.-Prof. Dr. Sighard Neckel Universitaet Wien Institut fuer Soziologie Rooseveltplatz 2 A-1090 Wien +43-1-4277-48142(-48231 Fax) sighard.neckel@univie.ac.at http://www.soz.univie.ac.at/sighard-neckel/
Zweite Reaktion der Institutsleitung
Betreff: Dringende Aufforderung Datum: 11.01.2010 10:16 Weitere Mitteilung an die "zuständigen Personen" Wie ich erfuhr, sind mehrere Räume im Institut (darunter auch persönliche Büros von Institutsmitgliedern) gewaltsam geöffnet worden. Diese Vorgänge sind strafrechtlich relevant und werden von der Institutsleitung auch so behandelt. Diejenigen, die entweder verantwortlich für diese Aktionen sind oder aber seitens der Studentenschaft vermittelnd aktiv werden können, fordere ich hiermit sehr eindringlich auf, heute um 12.00 Uhr bei mir im Büro zu erscheinen, um eine Lösung dafür zu finden, daß dieser Unfug sofort aufhört. Univ.-Prof. Dr. Sighard Neckel Institutsvorstand -- Univ.-Prof. Dr. Sighard Neckel Universitaet Wien Institut fuer Soziologie Rooseveltplatz 2 A-1090 Wien +43-1-4277-48142(-48231 Fax) sighard.neckel@univie.ac.at http://www.soz.univie.ac.at/sighard-neckel/
Stellungnahme der AktivistInnen
Betreff: [sozionexus] Raum für alle: Stellungnahme zu den Vorwürfen Datum: 12.01.2010 17:49:06 Liebe Kolleginnen* und Kollegen*, Wie in der vorangegangen Aussendung bereits mitgeteilt, hat sich in der Nacht vom 10. auf den 11. Jänner 2010 eine Gruppe Veränderungsfreudiger zusammen getan, um am Soziologie-Institut Raum für alle zu schaffen, dessen Notwendigkeit in der IVV am 17. 11. 2009 konstatiert wurde. Dafür wurden aus dem ehemaligen Bagru-Kammerl im Erdgeschoß die dort gelagerten, mit Büromaterial gefüllten Kästen ausgeräumt, und diese samt Inhalt sorgfältig (!) in den 3. Stock des Instituts umgesiedelt. Die Kästen wurden in den hinteren Gängen an freien Stellen platziert, sicher aufgestellt, versperrt, beschriftet und eine Dokumentation des Umzugs, sowie alle Schlüssel der besagten Kästen im Service Center eingeworfen. Zu guter Letzt wurde der freigewordene Raum im Erdgeschoß liebevoll, gemütlich und für verschiedene Zwecke nutzbar vorläufig eingerichtet (mit Tischen, Sesseln, Weltkarte, Zimmerpflanzen, Radio, Beistelltisch, Couches, Lampe, Teppich, und Naschereien). Die Veränderung wurde vor Ort durch Plakate kommuniziert, sowie elektronisch durch e-mails an die Instituts-MitarbeiterInnen, Lehrende, die STRV und sozionexus-MitgliederInnen. Am nächsten Morgen fanden sich zahlreichende Menschen, vorwiegend Studierende in dem neuen Frei-Raum für alle ein und nutzten ihn auf vielfältige Weise. Parallel dazu reagierte Institutsvorstand Neckel vormittags (9.37h) mit einer Email an die AktivistInnen, in welcher er die Aktion als “vollkommen inakzeptabel” und nicht hinnehmbar bezeichnete. Er forderte die AktivistInnen dazu auf, selbst den ursprünglichen Zustand umgehend (“noch an diesem Vormittag”) wiederherzustellen, und begründete seine Ablehnung damit, dass die Kästen im dritten Stock die Arbeit des administrativen Personals beeinträchtigen würden. Weiters hätte die “Studenschaft” [sic!] kürzlich erst “die ehemaligen Räume des Service-Centers im Erdgeschoß bezogen [...], wofür [er sich] persönlich eingesetzt habe.” Damit suggeriert Neckel, dass wohl keine weiteren freien Räume notwendig wären. Fünfundvierzig Minuten später folgte eine weitere email, in welcher Neckel behauptete, im Zusammenhang mit der Aktion wären “mehrere Räume im Institut (darunter auch persönliche Büros von Institutsmitgliedern) gewaltsam geöffnet worden”. Wir weisen diese inakzeptable Verleumdung/falsche Anschuldigung aufs Schärfste zurück! Wir haben keine Schlösser oder Sonstiges beschädigt. Wir haben keine Räume gewaltsam geöffnet. Wir haben keine persönlichen Büros betreten. Und wir haben nichts entwendet! Wer das Resultat unserer Handlung gesehen hat, wird bemerkt haben, dass wir mit großer Sorgfalt vorgegangen und sehr verantwortungsvoll mit den Gegenständen umgegangen sind. Unsere Aktion und der mutmaßliche, verurteilenswerte Vandalismus von wem auch immer stehen in keinem Zusammenhang. Weiter in der Chronologie: Eine Reaktion seitens der Agierenden wurde nicht abgewartet/ermöglicht. Kurz nach zwölf Uhr kamen auf Anweisung Sighard Neckels drei Menschen in den neuen Freiraum, welche die Anwesenden hinaus baten und die gesamte mühsame, gewissenhafte Arbeit rückgängig machten (das neue Mobiliar wurde in den “Bagru-Salon” gestopft). Wir erkennen hier eine Diskrepanz zwischen Sighard Neckels Rhetorik und seinen Taten: Bei der IVV stimmte Neckel den gemeinsamen Forderungen nach Raum mit zu (Punkt 5: Räume für Studierenden-Zusammenarbeit am Institut für Soziologie schaffen. Punkt 6: Räume für Externe schaffen). Seitdem ist jedoch nichts passiert, und Initiativen von uns werden bereits im Keim erstickt. Nicht einmal einen Tag durfte der neue Zustand probehalber bleiben und ein Diskurs über unseren Vorschlag stattfinden. Für uns entsteht somit der Verdacht, dass Neckel seine Solidarität mit den Angehörigen des Instituts nur opportunistisch vorschützt. Wir erwarten uns anstelle von Lippenbekenntnissen eine Kooperation seitens der Institutsleitung. Bezüglich des Arguments, dass es ohnehin schon den Bagru-Salon gäbe, stellen wir klar: Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen einem Raum der Studienrichtungsvertretung (nun im ehemaligen Service Center) und einem frei nutzbaren Raum für ALLE Mensches des Institutes. Extern Lehrende nutzen auch nicht das persönliches Büro des Institutsvorstands. Neckel rückte zudem die Aktion in ein strafrechtlich bedenkliches Licht. Es zeigt sich damit, wie leicht Kriminalisierung auch an unserem Institut möglich ist. Vandalismus und Einbruch sind allgemeine Phänomene unserer Gesellschaft und sind nicht automatisch der Protestbewegung, geschweige denn uns, zuzuschreiben. Wir finden es schade, dass Neckel die Situation sofort eskalierte und damit ein ungezwungenes Aufeinanderzugehen zur Findung von Lösungen in dieser Sache sehr erschwerte. Wir fordern hiermit die Räumung des (von Büromaterialien) besetzten Frei-Raumes für alle. Wir sehen nicht ein, warum ein gut zugänglicher Raum mit Fenster, Netzwerkanschlüssen, Waschbecken und WC als Lager für Büromaterial verschwendet werden sollte. Natürlich freuen wir uns aber auch über die Öffnung anderer Räume, die die ähnlich gute oder bessere Eigenschaften aufweisen. Im Übrigen sind alle – insbesondere jene, die beispielsweise auf der IVV zu couragierten Aktionen aufforderten – zu einer Solidarisierung und Unterstützung von Aktionen wie dieser aufgerufen. Mit freundlichen Grüßen, ein paar Heinzelweiblein* und Heinzelmännlein*
Umfrage der AktivistInnen
Betreff: Raum für alle: Direkt MitarbeiterInnen des IfS betreffende Infos Datum: 12.01.2010 17:50:00 Liebe MitarbeiterInnen des Instituts für Soziologie! Nachdem wir in der vorigen E-mail eine ausführliche politische Stellungnahme abgegeben haben und uns von Vandalismus sowie der gewaltsamen Öffnung von Räumen distanziert haben, wollen wir in dieser Nachricht, die ausschließlich die MitarbeiterInnen des Institutes betrifft, sachlich-konkret die ungelöste Raumfrage thematisieren. Herr Neckel hat gemeint, eine Positionierung der Bürobedarfskästen im 3. Stock, wie sie von uns probeweise vorgeschlagen und vorgenommen wurde, um neuen Raum für ALLE zu schaffen, würde Ihre Arbeit beeinträchtigen. D.h. konkret jene "des administrativen Personals". Wir können uns das beim besten Willen nicht vorstellen. Das liegt wohl daran, dass wir nicht mit Ihrer konkreten Arbeitssituation vertraut sind. Generell waren sehr bemüht, die Kästen an vernünftigen Stellen zu platzieren. Bitte beziehen Sie daher Stellung zu der Angelegenheit. Sind Sie überhaupt der Meinung, dass eine Aufstellung der Kästen im 3. Stock Ihre Arbeitsbedingungen verschlechtert? Wenn ja, inwiefern? Sind die Beeinträchtigungen für Sie so groß, dass die Rückkehr zum alten System dringlicher ist, als die Schaffung eines Gemeinschaftsraumes für alle? Wenn die Erschwernisse derart groß sind: Was spräche dagegen, die notwendigen Arbeiten auf mehr Menschen aufzuteilen? Sei es durch eine Einbindung von zusätzlichem Personal, sei es durch eine Einbindung von ehrenamtlichen Studierenden? Wenn die Kästen unbedingt in geschlossene Räume müssen (was wir stark bezweifeln, denn sie sind sowieso versperrbar!), warum dann nicht in andere als jenen im Erdgeschoß? Wir hoffen auf zahlreiche Antworten. Zeigen Sie Courage und stehen Sie zu Ihrer Meinung! Wir empfehlen übrigens, im Mailprogramm immer auf “allen antworten” zu klicken. Wollen Sie hingegen, dass Ihre mails an uns vertraulich bleiben und nicht zitiert werden, dann drücken Sie dies bitte in der 1. Textzeile klar aus. Uns war klar, dass unser Vorschlag für eine neue Anordnung des Rauminhalts anfangs ungewohnt ist, hätten uns aber erwartet, dass die betroffenen Menschen zumindest ein paar Tage versuchen, sich praktisch und diskursiv mit dem neuen Vorschlag befassen. Wir waren und sind auch durchaus bereit, noch andere Anordnungen durchzuprobieren. Mit freundlichen Grüßen, ein paar Heinzelweiblein* und Heinzelmännlein*
Antwort der Institutsleitung auf die Stellungnahme
Betreff: Re: Raum für alle: Stellungnahme zu den Vorwürfen Datum: ??? Liebe Heinzelweiblein und Heinzelmännlein, lassen Sie mich kurz auf Ihre Mail antworten. Sie schreiben, Sie hätten mit Ihrer Aktion einen "Vorschlag gemacht". Dagegen wäre nichts einzuwenden gewesen. Tatsächlich aber haben Sie keine Vorschläge gemacht, sondern Tatsachen geschaffen, und dies über die Köpfe der betroffenen Personen aus dem Institutspersonal hinweg. Was oder wer hätte Sie daran gehindert, mit der Institutsleitung einen Vorschlag zur Umnutzung des Archivs zu besprechen? Bei dieser Gelegenheit hätten wir dann auch erörtern können, daß eine solche Umnutzung schon deswegen nicht möglich ist, weil wir auf den Fluren aus feuerschutzrechtlichen Gründen keine Schränke mit brennbaren Materialien aufstellen dürfen. Außerdem sollte solches Material nicht dort aufbewahrt werden, wo allgemeiner Zutritt möglich ist. Vom administrativen Institutspersonal selbst bin ich gebeten worden, die von Ihnen herbeigeführte Umwandlung des Archivs möglichst schnell zu beenden. Ich habe großes Verständnis dafür, daß Sie sich gegen den Vorwurf wehren, bei Ihrer Aktion sei in Räume des Instituts eingebrochen worden. Tatsächlich jedoch hat es offensichtlich in derselben Nacht, in der Ihre Aktion durchgeführt wurde, auch einen Einbruch in das persönliche Büro eines Institutsmitglieds gegeben. Dies wurde am Montag auch offiziell von der Polizei protokolliert. Ich selbst gehe nach den mir bis heute vorliegenden Informationen nicht davon aus, daß der Einbruch mit Ihrer Aktion in einem Zusammenhang steht. Aber es lag an Ihnen selbst, daß ein solcher Vorwurf erst einmal im Raum stand. In meiner Mail am Montag vormittag habe ich Sie dringlich zu einem Treffen gebeten, um mit mir die Vorgänge zu besprechen. Bei dieser Gelegenheit hätten Sie entsprechende Vermutungen sofort entkräften können. Tatsache ist aber, daß sich bis heute morgen nicht eine einzige Person Ihrer Gruppe bei mir in dieser Gelegenheit gemeldet hat, um in einem Gespräch etwas richtig zu stellen. Eine erste Reaktion von Ihrer Seite konnte ich erst heute früh lesen, als meine Mailbox mir eine kurze Nachricht von Ihnen anzeigte, in der Sie dann aber auch nur eine spätere Stellungnahme angekündigt haben. Insofern haben Sie durch Ihre Kommunikationsverweigerung maßgeblich selbst dazu beigetragen, daß es zeitweilig so aussehen konnte, als hätte es im Zuge Ihrer Aktion auch einen Einbruch gegeben. Tatsächlich möchte ich ausdrücklich anerkennen, daß Sie sich darum bemüht haben, keine Schäden anzurichten. Auf nötigt mir die nicht unerhebliche Anstrengung Respekt ab, die Sie aufbringen mußten, um all diese Schränke und Kästen vom Erdgeschoß in den 3. Stock zu verbringen. Dies ändert aber nichts daran, daß es insgesamt eine verfehlte Aktion war. Lassen Sie uns gemeinsam bessere Möglichkeiten suchen, die Studienbedingungen am Institut auch räumlich weiter zu verbessern. Freundliche Grüße Sighard Neckel Univ.-Prof. Dr. Sighard Neckel Universitaet Wien Institut fuer Soziologie Rooseveltplatz 2 A-1090 Wien +43-1-4277-48142 (-48231 Fax) sighard.neckel@univie.ac.at http://www.soz.univie.ac.at/sighard-neckel/
Weitere Erklärung der AktivistInnen
Betreff: [sozionexus] Raum für alle: Antwort auf Neckels Stellungnahme zur Aktion Datum: 15.01.2010 18:47:06 Lieber Herr Neckel, liebe Kolleginnen* und Kollegen*, Am Institut herrscht in verschiedenster Hinsicht Raummangel. Unser Ziel ist, es diesen zu thematisieren und eine Verbesserung der Situation herbeizuführen. Vor der Aktion war die Raumproblematik zwar vielen latent bewusst. Erst nach der öffentlich sichtbaren Aktion vom Montag aber, wo wir ein konkretes Konzept für eine bessere Raummnutzung präsentierten, entfachte sich sowohl in der Studierendenschaft, der Studienrichtungsvertretung als auch beim Institutspersonal eine Diskussion darüber: Manchmal ist es nötig, eine konkrete Möglichkeit greifbar vor Augen zu haben, um diese als solche wahrnehmen zu können. Unsere Manifestation von Montag war eine von mehreren Möglichkeiten, wie man neuen Raum schaffen kann, kurz: ein Vorschlag. Etwas vorzuschlagen bedeutet, jemanden etwas anbieten, ans Herz legen, nahelegen, anempfehlen, etwas zur Diskussion stellen. In unserem Verständnis kann dies gerade dann, wenn es um die Verwirklichung einer neuen Idee geht, nicht nur durch Worte geschehen – diese geben oft nur eine viel zu vage und einseitige Vorstellung von der Sache. Ein Vorschlag kann genauso gut dadurch unterbreitet werden, dass man nach dem Motto „ich zeig dir schnell, was ich meine“ die eigene Idee vorübergehend verwirklicht, um so dem Gegenüber die Chance zu geben, sich aus eigener, realer Anschauung ein Urteil darüber zu bilden. Wahr ist, dass wir nicht um Erlaubnis gefragt haben, bevor wir dieses Angebot unterbreitet haben. Wir haben als Kollektiv im Vorfeld lange darüber diskutiert, wie wir in dieser Angelegenheit handeln wollen. Letztlich haben wir uns für Aktionismus als Kommunikationsform entschieden, nicht zuletzt, um eine BittstellerInnenposition zu vermeiden und das bestehende Herrschaftsverhältnis zu suspendieren. Erfahrungbezogen konnten wir annehmen, dass “Hinterzimmer-Verhandlungen” lange dauern, und genauso vor dem Risiko stehen, ins Leere zu laufen. Wir wollten hingegen möglichst rasch ein weithin sichtbares Zeichen setzen. Dass Sie und andere dadurch vor vollendete Tatsachen gestellt wurden, kostet uns keine Träne: Vielleicht haben Sie dadurch eine Ahnung bekommen, wie es sich anfühlt, im derzeitigen Universitätssystem zu studieren. Wir werden darin nämlich ständig vor vollendete Tatsachen gestellt, bei denen wir nichts mitzureden hatten, die uns nicht gefallen und uns das Leben schwer machen: Verschulte Studieninhalte, Raummangel, ständiger Leistungsdruck, etc. – vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, ist unsere alltägliche Erfahrung! Wir müssen die meisten davon einfach hinnehmen. Die Tatsache, die wir schufen, konnte Sie in ihrer etablierten Position hingegen problemlos rückgängig machen. Dies klarzustellen, ist jedoch nicht das Hauptanliegen dieses e-mails. Es geht uns vielmehr darum, dem Umstand entgegenzuwirken, dass sich der Diskurs über die Raumfrage nun in Einzelheiten über die Durchführung unserer Aktion verfängt, und darüber die eigentliche Problematik thematisch in den Hintergrund gedrängt wird. Wir möchten noch einmal nachdrücklich darauf hinweisen, dass es uns nicht darum ging, Kästen zum Ärger anderer irgendwo hin zu rücken, sondern einen Raum für alle zu schaffen. (Die körperliche Anstrengung für das Umrücken der Objekte war nur eine Konsequenz daraus und ist demgegenüber sekundär; trotzdem vielen Dank für die Anerkennung.) Wir haben von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen positives Feedback für unsere Aktion erhalten. Wie wir hören, wollen einige von ihnen nun die Gelegenheit ergreifen, und sich mit Ihnen zu Gesprächen zusammensetzen, um auf diesem Weg zu einem Raum für alle am Institut zu gelangen. Wir begrüßen diese Solidarität und Pluralität der Ansätze innerhalb der “Bewegung” und wünschen den betreffenden Personen viel Erfolg! Herzlichst, ein paar hixende *Hexis*