Seit wann ist Plenum wie Fernsehen?
Unser allabendliches sogenanntes Plenum ist irgendetwas zwischen Talkschow, Stierkampf und Parteitag geworden. Wir haben uns damit in unserer eigenen Organisations- und Kommunikationsform an das Spektakel draußen angepasst. Immer noch haben wir es nicht geschafft, von dem Proklamieren, Parolen schreien, Jubeln, Klatschen und Ausbuhen wegzubewegen, hin zu einer konsistenten, auf wichtige Fragen fokussierten und sachlich-argumentativ geführten Diskussion. Wir machen immer noch “Beschlüsse”, ohne das über diese vorher diskutiert wurde, und wir beschließen vieles, was teilweise viel schneller passieren könnte, wenn die Menschen, die die Idee hatten, sie einfach umsetzen würden, eben nicht im Namen aller. Vorschläge in ein Plenum (an dem so viele beteiligt sind aber auch so viele nicht) einzubringen bringt überhaupt nur dann etwas, wenn wenigstens das Interesse der Vorschlagenden an Fragen, Kritik und Anregungen da ist. Ansonsten verschwenden diese Menschen nur die Zeit der anderen.
Aber das “Plenum” ist eine Bühne, und es gibt viele, die einmal bejubelt werden wollen, auch wenn sie teilweise immer wieder das selbe sagen. Das AudiMax verleitet natürlich architektonisch dazu. Aber es ginge auch anders.
Mit der Kultur des “Plenums” zu brechen ist nicht einfach. Dieser dringend notwendige Schritt kommt offensichtlich nicht von allein, und nicht vom “Plenum” selbst.
Entweder bedarf es einer aktionistischen Intervention, oder es müssen Leerzeiten genutzt werden, in denen mutige MenschInnen mal nach vorne treten und eine Frage in den Raum und zur Diskussion stellen, die mit Mikros durch die Reihen gehen, RednerInnenliste führen, und vom Podium aus ausschließlich moderieren, also den Diskussionsverlauf beobachten, Konflikte aufzeigen, möglicherweise konsensfähige Positionen zusammenfassen, auf die Fokussierung achten...
Schluss mit der passiven Unterhaltung und Beschallung! Her mit den wichtigen Fragen, die wirklich uns alle betreffen!