Das Gleichnis vom Türhüter
Das Gleichnis vom Türhüter und dem Studierenden (frei nach Kafka)
Vor der Universität steht ein Türhüter. Zu diesem Türhüter kommt ein Mensch mit Matura oder Studienberechtigung und bittet um Eintritt in die Universität. Aber der Türhüter sagt, dass er ihm den Eintritt jetzt nicht gewähren könne. Der angehende Student überlegt und fragt dann, ob er also später werde eintreten dürfen. “Es ist möglich”, sagt der Türhüter, “jetzt aber nicht.” Da das Tor zur Universität offen steht wie immer und der Türhüter beiseite tritt, bückt sich der Student, um durch das Tor ins Innere zu sehen. Als der Türhüter das merkt, lacht er und sagt:”Wenn es dich so lockt, versuche doch, dich trotz meiner Steps fortzubilden. Merke aber: Ich bin mächtig. Und ich bin erst die unterste Hürde. von Hörsaal zu Hörsaal stehen aber neue Türhüter, Zugangsbeschränkungen und Gebühren, eine mächtiger als die andere. Allein den Anblick des Dritten kann nicht einmal ich mehr vertragen.” Solche Schwierigkeiten hatte der angehende Studierende nicht erwartet, die Bildung soll doch jedem und immer zugänglich sein, denkt er, aber als er jetzt den Türsteher mit in seinem teuren Wollmantel genauer ansieht, seine große Brieftasche, den langen, dünnen schwarzen Parteiausweis, entschließt er sich doch, lieber zu warten, bis er die Erlaubnis zum Eintritt bekommt. Der Türhüter gibt ihm einen Schemel und läßt ihn seitwärts von der Tür sich niedersetzen. Dort sitzt er Tage und Semester. Er macht viele Versuche, eingelassen zu werden, und ermüdet den Türhüter durch seine Bitten. Der Türhüter bietet öfters Ringvorlesungen an, erkundigt sich in einem Fragebogen nach dem Grund für sein Studium, den Bedingungen, den neuesten Handytarifen und vielem mehr, doch es sind unpersönliche Massenvorlesungen und Fragebögen wie sie elitär Denkende stellen, und zum Schlusse sagt er ihm immer wieder, dass er ihn noch nicht einlassen könne.
Nach einigen Semestern gibt sich der Student geschlagen, bittet aber noch in einem Anfall kritischen Geistes den Türhüter um eine letzte Frage. “Was willst du denn jetzt noch wissen?” antwortet dieser, “du bist unersättlich.” “Viele wollen doch Studieren. Warum darf ich nicht an die Universität?” Er erwartet viele Antworten, vorgeschützte wie aufrichtigem Unwissen entsprungene, doch der Türhüter spricht, vermutlich zum ersten und letzten Mal in seinem Leben, in überwältigender Offen- und Klarheit:”Weil wir niemanden außer unseren Kindern darin haben wollen.”