Artikel OECD "Education at a glance"

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Einleitung

Um die aktuellen Diskussionen um Ausfinanzierung der österreichischen Unis (vor allem in Hinblick einiger Aussagen gewisser Politiker) zu versachlichen ist es unserer Meinung nach sinnvoll, auf die aktuelle OECD-Studie "Education at a Glance 2009" hinzuweisen und einzugehen. Diese Studie bietet eine Übersicht über die getätigten Geldflüsse und liefert eine Kosten-Nutzen-Rechnung der öffentlichen Hand für einen jeden Studierenden.

Das nachfolgende Dokument ist das Ergebnis einer Bearbeitung eines gewählten Auszugs aus genannter Studie, genauer gesagt des Kapitels A8 "What are the Incentives to Invest in Education?". Es soll helfen, die für Österreich hochrelevanten Feststellungen der OECD in die aktuelle Debatte einfließen zu lassen.

Berechnung

Methode

In dieser Studie werden Nettobarwerte als Vergleichsinstrument verwendet. Unter Nettobarwert werden die Werte aller zukünftigen Zahlungsströmen auf den Beginnzeitpunkt der Investition ab diskontiert und zusammengerechnet. Kurz gesagt, mit einem Kapitalbestand in Höhe des Nettobarwertes zum Investitionsbeginn könnten alle zukünftigen Zahlungsströme realisiert werden. Eine Investition mit positivem Nettobarwert stellt somit eine Wertgenerierung (Mehrwert) dar. In dieser Studie wurde als Zinssatz fuer die Diskontierung 5% gewaehlt.

Kosten


Auf der Kostenseite werden neben den direkten Kosten (Studienbeiträge und öffentliche Kosten des Universitätsbetriebs) auch indirekte Kosten (gemindertes Einkommen der Studierenden während der Studienzeit und - daraus resultierend - ausbleibende Steuereinnahmen für den Staat) berücksichtigt. Die obenstehende Grafik zeigt deutlich, dass die Kosten für ein Studium derzeit ziemlich genau zwischen den beiden Akteuren (StudentInnen und dem Staat) aufgeteilt sind. Während der Staat den größeren Anteil an den direkten Kosten trägt, tragen die StudentInnen einen nicht unwestlichen Anteil an den Kosten über das entgangene Einkommen, sprich ihren Opportunitätskosten für das Studium. An diesem Punkt muss allerdings korrekterweise angemerkt werden, dass trotz der entgangenen Einnahmen für die Individuen ein Anreiz besteht zu studieren (durch spätere höhere Einkommen). (siehe OECD Studie Seite 158 Chart A8.3)


Kosten der öffentlichen Hand
Betrag
Public direct costs
42.561,06
Public foregone revenues
13.047,25
Gesamt 55.608,32


Kosten der Privatpersonen
Betrag
Private direct costs
3.248,84
Private foregone revenues
51.723,24
Gesamt 54.972,08

Einnahmen

Der größte Teil der zusätzlichen Einnahmen des Staates durch ein Studium sind die erhöhten Steuereinnahmen (income tax revenues), die durch die Besteuerung der im Schnitt höheren Gehälter der AkademikerInnen erhalten werden. Weiters ist die Gefahr einer Arbeitlosigkeit bei AkademikerInnen geringer, somit werden hier die Ausgaben des Staates gesenkt.

Ein nicht unwesentlicher Teil der Einnahmen kommen die sozialen Transfers hinzu. Der/die durchschnittliche AkademikerIn ist hier NettozahlerIn.

Einnahmen
Betrag
Income tax revenues
62.720,84
Social contribution revenues
27.963,53
Unemployment effect
2.509,47
Gesamt 93.193,86

Zu beachten ist hier, dass nur die Einkommenssteuereffekte betrachtet werden. Da höheres Einkommen mit höheren Konsum verknüpft ist, würden auch noch andere zusätzliche Steuern eingenommen werden, die jedoch hier nicht berücksichtigt sind.

Fazit

Das nebenstehende Diagramm wurde aus dem Chart A.8.5 (Seite 162) der Studie erstellt. Hier werden die öffentlichen Kosten und Einnahmen der Ausbildung eines Studenten einiger ausgewählter Länder dargestellt.

Der Nettobarwert der öffentlichen Einnahmen bei einem Studenten übersteigt in Österreich um 37.586,- USD den Nettobarwert der öffentlichen Kosten. Somit ist hier ein klarer Gewinn für den Staat gegeben. Bei einer Studentin übersteigt der Nettobarwert die öffentlichen Kosten um 25.911,32 USD, womit auch hier ein Gewinn für die Gesellschaft zu verbuchen ist und ein Universitätsstudium bei beiden Geschlechtern für den Staat als ertragreiche Sparform gesehen werden kann. In der Studie wird sogar ausdrücklich betont, dass selbst defizitfinanzierte Investitionen in den tertiären Bildungssektor vorteilhaft seien. „Public investments in education and particularly at tertiary level would be rational even in the face of running a deficit in public finances.“ (Seite 161f)


Weitere Anmerkungen

Darüber hinaus werden in der Studie noch weitere positive Effekte der tertiären Ausbildung genannt, die sich schwerer in Zahlen messen lassen und somit in der obigen Rechnung nicht berücksichtigt wurden. Als Beispiel werden geringere Gesundheitskosten genannt, da das Bildungsniveau mit dem Gesundheitsbewusstsein korreliert. Selbiges gilt auch für das politische Interesse (siehe A9 der Studie).


Aussagen

Vor diesem Hintergrund sind folgende Aussagen der betreffenden Politiker möglicherweise neu zu überdenken, bzw. wäre es für die Interpretation ihrer Aussagen hilfreich, von den hier angeführten Herren Hinweise zu bekommen, wie die Aussagen zu verstehen sind, da die OECD Studie ja darauf hinweist, dass der Staat ein Netto-Profiteur der Student_Innen ist.

ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger sagte im Ö1-Mittagsjournal am 30.Oktober 2009: "Jede Party, die im Audimax gefeiert wird, wird von den Stahlkochern der Voest, den Arbeitern und Angestellten bezahlt. Wo ist die Solidarität mit dem Steuerzahler".

Quelle: http://derstandard.at/fs/1256743651408/Nachlese-Zugestaendnisse-am-9-Besetzungstag?_seite=11&sap=2

BZÖ-Parteivorstand Stefan Petzner: "Die Studierenden sollen sich von ihren Utopien verabschieden und sich der Wirklichkeit stellen, die da lautet, dass auch für Studierende das Leistungsprinzip zu gelten hat und es nicht angehen kann, dass der Steuerzahler das Leben von Bummelstudenten finanzieren soll, die rauchend und Bier trinkend Hörsäle besetzen. Das BZÖ war, ist und bleibt daher für die sofortige Wiedereinführung der Studiengebühren, die Leistung fördert und fordert." – OTS0184 2009-10-28/12:56

Quelle: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20091028_OTS0184


Links


Kontakt

Wir sind Studenten der VWL und wollten diesen Artikel zur Verfügung stellen. Anregungen bitte an die Mail Adresse oecd.study.unibrennt@gmail.com oder einfach auf der Diskussionsseite des Artikels.