AG Schule-Lehramt Vortrag Chorherr 17 Nov C1

Aus Unibrennt Wiki (Archiv)
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Plauderei mit Christoph Chorherr im besetzten C1 – 17. November 2009.

„Neue Werte für die (Schul-)Bildung“ – Anhand des südafrikanisch-österreichischen Schulprojekts ITHUBA.


Am Beginn erzählte Christoph Chorherr ein wenig von der konkreten Praxis seines 15-jährigen Engagements in Südafrika. Näheres dazu auf ithuba.at. Wesentliche Punkte, die in der Diskussion herauskamen.

Garnitschnig (Mit-Gründer u.a. von Lernwerkstatt Pottenbrunn): Schule gehört in die Verantwortung der SchülerInnen, Eltern und der dort arbeitenden Menschen – Staat soll Rahmen geben, externe Evaluation (um Vergleichbarkeit und voneinander lernen verschiedener Schulen zu ermöglichen)

Man kann nicht lehren, man kann nur lernen. Lernen passiert an einem konkreten Problem im Leben. Ob jetzt Architektur-Studis innerhalb kürzester Zeit mit einfachen Mitteln in Südafrika ein Schulgebäude bauen, oder Lehramtsstudis schon am Studienbeginn viel Praxis erwerben (müssen/dürfen), die Erkenntnis zieht sich durch. Wir lernen, indem wir’s tun – das sollte auch für die LA-Ausbildung gelten (Wenn wir einfühlsame, kommunikative PädagogInnen sein sollen, dann sollte auch im Studium Platz sein, dies zu üben. Wenn wir sozial, „kulturell“ sensibel sein sollen, dann müssen Studis mit Migrationshintergrund auch vielen Ebenen gefördert werden, ihr Lebensalltag thematisiert werden, damit sie eine Chance haben. Wenn wir fächerübergreifend denken sollen, muss es auch eine Vernetzung von Studis geben. Wenn wir Organisationstalent entfalten sollen, dann müssen wir uns an der Uni auch trauen und dann muss auch Raum sein, organisatorisch tätig zu werden (sei es ein Englisch-Theater, eine Schreibwerkstatt mit Jugendlichen, ein Betreuungsprojekt in der Nachbarschaft, eine gemeinschaftlich organisierter Reise zu historischen Orten in Südosteuropa, sei es das Basteln von Experimentvorrichtungen in Eigenregie)…

Chorherr spricht sich für ein Studium Fundamentale am Beginn aus, wo Leute dann wissen, das ist nix für mich, oder „das ist interessant“, aber ich brauch noch Methoden und Hintergrundwissen und bin jetzt motiviert, mir das anzueignen.

Chorherr: Inwiefern ist Schule ein lernendes System? Um zu lernen, gehört auch dazu: Das etwas nicht funktioniert, zu scheitern (um daraus zu lernen). Ist Scheitern in der Schule erlaubt?

„Schulentwicklung“ bedeutet „Organizationale Learning“ angewandt auf Schulen – es bedeutet, dass die Lösungen nicht „von oben“ kommen (auf die wir schon lange vergeblich warten), sondern engagierte LehrerInnen in einem Teamprozess gemeinsam Ziele und Verantwortlichkeiten und Kommunikationsformen vereinbaren und sich gegenseitig unterstützend, Eltern, SchülerInnen, die Kommune einbeziehend auf den Weg machen (Buchtipps, Peter Senge: Schools that learn, aber auch Enja Riegel: Schule kann gelingen oder Hartmut von Hentig: Die Schule neu denken). Natürlich ist weiterhin politisches Engagement erforderlich, damit "von oben" bessere Rahmenbedingungen geboten werden. Die Herausforderungen in 15 Jahren sind nicht voraussehbar (war bei Internet genauso), deshalb sind genaue Lehrpläne nicht so wichtig, sondern ein Diskurs über breite Kompetenzen, z.B. „Was soll ein junger Mensch können?“

Bildungsmanifest:

Was soll ein junger Mensch können?

Versuch eines gewagten, ungeordneten, längst notwendigen und niemals vollständigen Katalogs

• Sprechen können – Sprachen können – ein Gespräch führen – zuhören können • Ein Buch entdecken – Geschichten erzählen – Geschichte verstehen • Streiten – Streit schlichten • Erfahrung sammeln – Handeln reflektieren • Grenzen erfahren – Grenzen überwinden – aus Scheitern lernen • Zusammensein – zusammenarbeiten – allein sein • Politik begreifen – Politik durchschauen – politisch denken – Politik versuchen • Technik nutzen – Technik erfinden – Technik beherrschen • Natur erfahren – Natur lieben – Natur schützen • Beweglichkeit üben – körperliche Anstrengung erfahren • Kunst erleben – Kunst verstehen – Kunst schaffen – Musik hören – musizieren – Filme genießen – filmen • Medien konsumieren – Medien analysieren • Sich darstellen – sich präsentieren – Theater spielen • Wohnen – sich einrichten – bleiben – mobil bleiben • Sinne schulen – Geschmack bilden • Sich selbst, andere Menschen, andere Kulturen entdecken • Verantwortung tragen – für sich selbst und andere

Jede Schule sollte ihren eigenen Bildungskatalog transparent machen und beschreiben, wie sie diese Ziele erreichen möchte. – Darüber sollten wir eine Bildungsdiskussion führen – nicht über schulautonome Feiertage oder so.

Was nehme ich mit?

Ich fand spannend, welche Rolle C. Chorherr den Unis zuschreiben will: dass sie sich nämlich wirklich mit den brennenden Problemen der Gesellschaft (eben z.B. Slums und Bildung und nachhaltige Architektur in Südafrika) auseinandersetzen soll – es gibt so viel, was ich zivilgesellschaftlich erlerne, erfahre, organisiere – abseits des Studiums – und die LA-Ausbildng nimmt davon keine Kenntnis, bietet keinen Raum, sich darüber auszutauschen, obwohl es da um ganz wichtige Kompetenzen für mein zukünftiges Lehrerdasein geht.

-> Ich schreibe mal einen Bericht darüber, was ich alles gelernt habe in den letzten Jahren, und stell ihn online. Vor allem durch Tun, ich werde auch berücksichtigen, wo ich durch Uni-Lehrende Impulse bekam – aber vor allem möchte ich transparent machen, wo ich mir Know-How holte, an welchen Problemen in gewachsen bin. Vielleicht möchte ja mehr mitmachen. (Vor Jahren gab es an der Pädagogogik ein STEP-Seminar mit Wolfgang Knopf mit dem Titel „Ich und der Sinn meines Studiums“, wo es genau um solche, höchst lehrreiche Fragen ging)